Bericht von der 4. Samtstagsdemonstration auf dem Rosa-Luxemburg-Platz
Linke, Rechte, Christen, Muslime, Junge, Alte, Studenten, Künstler, Angestellte, Journalisten: eine bunte Mischung traf sich an diesem Samstag Nachmittag auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, um für Grundrechte und gegen die Coronaverordnungen zu demonstrieren.
Der freie Journalist Martin Lejeune, der seit dem 28.03. von allen vier Samstagsdemonstrationen auf dem Rosa-Luxemburg-Platz berichtete, recherchierte die von Samstag zu Samstag steigenden Zahlen der Teilnehmer bei der Polizei Berlin.
Entwicklung der Teilnehmerzahlen der Samtagsdemonstrationen laut Angaben der Polizei Berlin:
28.03.2020: „40 Personen“
04.04.2020: „rund 40 Personen“
11.04.2020: „mehrere hundert Personen“
18.04.2020: „mehrere hundert Personen“
Auffällig ist, daß relativ wenig Muslime und Menschen mit türkischem, syrischen, palästinensischen oder afghanischem Migrationshintergrund wahrnzunehmen sind. Am 04.04. war auf den Samstagsdemonstrationen eine Muslimin, am 11.04. eine Muslimin und ein Muslim und am 18.04. ebenfalls eine Muslimin und ein Muslim erkennbar.
Wahrnehmbar hingegen waren heute zahlreiche Rechte, erkennbar an Symbolen der rechten Szene auf Tätowierungen und Kleidungsstücken. Es ist ein großer politischer Skandal, daß Rechte im Scheunenviertel aufmarschieren, dem Ort, an dem es während der Weimarer Republik zu den ersten Pogromen gegen Juden kam, vor dem Holocaust mit dem Mord an circa sechs Millionen durch das das nationalsozialistische Regime.
Daß sich Muslime und Migranten in der Gesellschaft von Rechten nicht wohl, gegebenenfalls sogar bedroht fühlen, liegt auf der Hand.
Es obliegt nun der Pflicht der Veranstalter, den Rechten durch klare Ansagen klarzumachen, daß sie auf ihren Samstagsdemonstrationen nicht erwünscht sind. Ansonsten besteht die Gefahr, daß die fünfte Samstagsdemonstration von Rechten dominiert werden könnte.
Während der ersten drei Samstagsdemonstrationen stachen noch Personen des linken und des antifaschistischen Spektrums auf dem Rosa-Luxemburg-Platz unter den Anwesenden heraus: zum Beispiel Claudia Wangerin, Thomas Moser, Peter Nowak, Norbert Voß, Anselm Lenz, Dominik Lenz, Hendrik Sodenkamp, Ilia Ryvkin, Florian Boillot, Lydia Dykier und Uli Gellermann.
Heute waren unter auf dem Rosa-Luxemburg-Platz Personen des liberalen und des bürgerlichen Lagers: die DDR-/BRD-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe und der Menschenrechtsaktivist Ralph Boes.
Anselm Lenz, Hendrik Sodenkamp und Uli Gellermann sagten übereinstimmend aus, daß am Freitagabend, den 17.04. Polizisten zu ihnen nach Hause gekommen seien und ihnen jeweils mitgeteilt hätten, daß sie sich am 18.04. nicht im Bereich des Rosa-Luxemburg-Platzes aufhalten dürften. Eine Presseanfrage bei der Pressestelle der Polizei Berlin hierzu wurde bisher nicht beantwortet.
Auffallend waren während der vierten Samstagsdemonstration die vielen und lauten Rufe „Wir sind das Volk!“, die immer dann besonders inbrünstig wurden, wenn Polizisten wieder einmal einen Teilnehmer festgenommen und in die Gefangenensammelstelle abgeführt hatten.
Demo-Veranstalter Anselm Lenz war für ein Interview nicht erreichbar. Er sei im Kurzurlaub, hieß es aus seinem Umfeld.
Dokumentiert:
„Polizeimeldung Nr. 0924 vom 18.04.2020. Mitte: Ansammlung trotz Verbot
Trotz Ansammlungsverbot nach der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung trafen sich heute Nachmittag in Mitte mehrere hundert Personen. Gegen 15 Uhr stellten Einsatzkräfte am Rosa-Luxemburg-Platz zunächst vereinzelt Personen fest. Diese wurden angesprochen und gebeten, den Platz zu verlassen und den Mindestabstand zueinander einzuhalten. Zwischenzeitlich erschienen weitere Personen am Ort. Die Personen trafen sich offenbar aufgrund eines Aufrufs im Internet zu einer Versammlung und führten zum Teil Plakate sowie Grundgesetze mit sich. Die polizeilichen Maßnahmen der Kräfte am Ort wurden dabei wiederholt durch Lautsprecherdurchsagen begleitet.
Bei einzelnen Personen, die die Aufforderungen der Polizeikräfte am Rosa-Luxemburg-Platz ignorierten, wurden die Personalien aufgenommen. Zeitgleich geleiteten Einsatzkräfte weitere am Ort verbliebene Frauen und Männer sowohl in Richtung Torstraße als auch in Richtung Münzstraße weg. Dabei wurden die polizeilichen Maßnahmen weiterhin durch Lautsprecherdurchsagen begleitet und bei weiteren Personen die Identitäten festgestellt. Während des Einsatzes wurden vereinzelt Angesprochene, die die wiederholten Aufforderungen ignorierten, getragen.
Die Polizeikräfte stellten von insgesamt 79 Frauen und Männern die Personalien fest, von denen zwei Personen zu erkennungsdienstlichen Behandlungen in ein Polizeigewahrsam gebracht wurden. Alle Personen wurden nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen entlassen. Die Einsatzkräfte fertigten Straf- sowie Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz in Verbindung mit der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung sowie wegen Widerständen gegen Vollstreckungsbeamte. Es befanden sich rund 260 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz am Rosa-Luxemburg-Platz.“
Source: martinlejeune.de